Freitag, 4. September 2009

Wer ist krank am Arbeitsplatz ?

Wissenschaftler berichten, dass 80% der betrieblichen Erkrankungen auf psychische Ursachen zurückzuführen sind.Man nennt das dann "psychische Erkrankungen".Was mich daran aber ärgert,ist die einseitige Attribuierung des psychischen Krankseins zum Arbeitnehmer,denn der ist im Gegensatz zum Arbeitgeber, der Hauptbetroffene vom Kranksein.Krank ist für mich aber das gesamte Arbeitssystem und ich will es am Beispiel aus der Praxis darstellen:
Vorstand grummelt in VoSi herum,weil ihm bekannter Kunde sich über Lieferengpässe beschwert hat.Bereichsleiter erteilt aufgeregt Anweisung an seinen Abteilungsleiter, sofort Analyse des Vorgangs einzuleiten, Abteilungsleiter wird nervös und erteilt einem Teammitglied den Auftrag,einen neue Ablaufplanung in der Logistik innerhalb einer Woche auf den Tisch zu legen.Teammitglied versteht die Welt nicht mehr und rackert jeden Tag bis 23 Uhr. Auf Rückfragen und Hilfe erhält er keine Antwort,Unterstützung fehlt, Kollegen verkrümeln sich, AL ruft jeden Tag an,wann er denn fertig wäre:Beim Teammitglied bricht Panik aus ,- das Ziel ist nicht zu schaffen,- er hat einen Hörsturz,-er kommt ins Krankenhaus. Er wird 14 Tage wegen Depression krankgeschrieben:nun ist er endlich psychisch krank und kann in die Statistik aufgenommen werden. Alle entschuldigen sich beim Vorstand wegen Verzögerung der Ablieferung der neuen Logistikplanung.Der fragt, wovon die Rede ist und hatte den Vorgang schon lange vergessen.Hatte das Thema mit dem Kunden bei einem guten Glas Wein bereits erledigt.
Von dieser Sorte " Anweisungen " gab es in dieser Firma und vielen anderen-auch in Ihrer ?-eine Unmenge jeden Tag.Was fehlt ist das Rückgrat des mittleren Managements sich gegen offensichtlichen Aufgaben-und Anweisungsunsinn und den damit verbundenen Pressionen zu wehren, es fehlt der Mut ,Entscheidungen zu hinterfragen, der Schneid, Mitarbeiter zu schützen und die Bereitschaft, Hilfe anzubieten, Mitarbeiter zu entlasten, dem Auftragszunicker einmal das NEIN beizubringen,denn viele Mitarbeiter ziehen durch ihren vorauseilenden Gehorsam das Unheil förmlich an.
Was mich auch ärgert ist das Unwort "Präsentismus" für die Mitarbeiter, die aus Angst vor Repressionen psychisch krank zur Arbeit erscheinen-genaus so dumm formuliert wie Absentismus für die, die aus Krankheit nicht arbeiten können.Meine Vermutung für die Wortwahl:Präsentismus ( ein Präsent ! ) klingt doch so schön fröhlich und Absentismus so richtig fies.
Schöne Grüße,
Ihr Peter Friederichs